D‘ Gschicht vom Stoibeißer
Vor langer Zeit trug sich folgende Geschichte in Kirchdorf zu:
Sämtliche Dörfer im Illertal waren zu damaliger Zeit für ihre
Fruchtbaren Böden bekannt.
Nur die Kirchdorfer hatten einen recht steinigen und unfruchtbaren Boden, weshalb die Ernten nicht so ergiebig ausfielen.
Nun trug es sich zu, dass ein Kirchdorfer Bauer seinen Acker pflügte.
Als er nun den ganzen Tag gepflügt hatte und gegen Abend sah,
dass er noch nicht einmal die Hälfte des Ackers geschafft hatte, kniete er nieder und biss vor Wut in einen Stein.
Das sah ein auswärtiger Bauer und rief ihm lachend zu:
„Flag na an da Roi – beiß nei en da Stoi!“
Ein hinzukommender Wandersmann, der in allen umliegenden Dörfern vergeblich um Kost und Nachtlager gebeten hatte, machte sich wenig Hoffnung, vom Kirchdorfer Bauern Hilfe zu erhalten.
Er war überrascht, dass der Bauer ihn mit nach Hause nahm und das Wenige, was er besaß mit ihm teilte.
Am nächsten Tag machte der Bauer sich wieder auf den Weg zu seinem Acker.
Doch als er dort ankam, sah er, dass der steinige Acker über Nacht zu einem fruchtbaren Boden geworden war.
Nach diesem Ereignis konnten die Eltern der umliegenden Gemeinden ihren Kindern nicht mehr damit drohen, falls sie nicht artig sind, sie nach Kirchdorf zum Steine essen zu schicken.
Seit dieser Zeit gibt es in Kirchdorf die besten Äcker weit und breit.
Und jedes Jahr im Frühling kehrt nun eine Gruppe „Stoibeißer“ nach Kirchdorf zurück, um die Gemeinde daran zu erinnern, dass es auch einmal schlechte Zeiten gegeben hat.